Putto mit Tamburin

Position Siena, Baptisterium
Putto mit Tamburin
Donatello (1412–1466), Putto mit Tamburin, Siena, Baptisterium, jetzt Berlin, Bode-Museum, Basilika, 1428–1429, Bild 1/7
Donatello (1412–1466), Putto mit Tamburin, Siena, Baptisterium, jetzt Berlin, Bode-Museum, Basilika, 1428–1429, Bild 1/7
Donatello (1412–1466), Putto mit Tamburin, Siena, Baptisterium, jetzt Berlin, Bode-Museum, Basilika, 1428–1429, Bild 2/7
Donatello (1412–1466), Putto mit Tamburin, Siena, Baptisterium, jetzt Berlin, Bode-Museum, Basilika, 1428–1429, Bild 3/7
Donatello (1412–1466), Putto mit Tamburin, Siena, Baptisterium, jetzt Berlin, Bode-Museum, Basilika, 1428–1429, Bild 4/7
Donatello (1412–1466), Putto mit Tamburin, Siena, Baptisterium, jetzt Berlin, Bode-Museum, Basilika, 1428–1429, Bild 5/7
Donatello (1412–1466), Putto mit Tamburin, Siena, Baptisterium, jetzt Berlin, Bode-Museum, Basilika, 1428–1429, Bild 6/7
Donatello (1412–1466), Putto mit Tamburin, Siena, Baptisterium, jetzt Berlin, Bode-Museum, Basilika, 1428–1429, Bild 7/7

Der Putto, dessen Modellierung für das Jahr 1429 dokumentiert ist, war ursprünglich keine Freifigur. Er stammt vom Taufbrunnen des Baptisteriums in Siena, an dem neben Donatello weitere bedeutende Bildhauer der Frührenaissance, Lorenzo Ghiberti und Jacopo della Quercia, beteiligt waren (Abb. 2 und 3).

Mit ursprünglich fünf weiteren Kinder gestalten, davon zwei von Donatello und drei von Giovanni Turini, bekrönte der Tamburin-Putto das aus dem Taufbrunnen aufragende Tabernakel. Noch heute befinden sich dort ein Trompete blasender und ein tanzender Engel von Donatello sowie zwei weitere von Turini. Die Berliner Figur scheint schon im 18. Jahrhundert nicht mehr an ihrem Ursprungsort gewesen zu sein. Wie der Tamburinputto sind auch die übrigen Engel stark bewegt und schaffen so formale Beziehungen untereinander, die jedoch nicht mehr genau nachvollziehbar sind, denn die ursprünglichen Positionen der einzelnen Figuren sind nicht bekannt. Durch die knapp bemessene und unebene Standfläche auf der gewölbten Muschel wird der kontrapostische, scheinbar labile Eindruck der fein ausponderierten Figur intensiviert.

Der Muschel kommt gleichzeitig auch eine inhaltliche Bedeutung zu, da sie, transferiert aus der antiken Venus-Ikonografie, die christliche Wiedergeburt der Seele durch die Taufe symbolisiert. Auch der christliche Sinngehalt des Putto als Begleiter der Taufzeremonie ist mit der antiken Formenwelt verknüpft. Die strenge mittelalterliche Hierarchie bekleideter jugendlicher oder erwachsener Engel wurde in der Renaissance durch die bunte Welt der lebendigen, munteren, individuell gestalteten Engelputti abgelöst, denen antike Genien und Eroten als Vorbild dienten. Es ist Donatellos Verdienst, dem Putto seinen

wichtigen Platz in der Renaissancekunst gegeben zu haben. Die Sieneser Kinder gestalten sind die ersten größeren und eigenständigen Figuren dieses Typs im Werk von Donatello, in dessen späteren Arbeiten - etwa der Sängerkanzel für den Florentiner Dom und der Außenkanzel des Domes in Prato - das Motiv der ranzenden und musizierenden Putti zum alleinigen Inhalt werden konnte. Gegenüber diesen sehr realistischen, ja derben und ausgelassen bewegten Putti wirken die Sieneser Bronzen lyrisch, idealisiert und geradezu antikisch, schon wegen ihrer Nacktheit, die an antike Ernten erinnert. Die Sieneser Bronzen stehen an einem Kreuzungspunkt im Werk des bedeutendsten Bildhauers des Quattrocento und der Renaissanceskulptur überhaupt: Hier wurde die Figur des Puno eingeführt, die antikisch unbekleidete Freifigur präludiert und sogar auf das für den Manierismus so wichtige Motiv der figura serpentinata (schlangenartig sich windende Figur) angespielt.

Gegenüber dieser künstlerischen Modernität ist der Putto in der Gusstechnik noch sehr altertümlich. Das schwere Gewicht der Bronze lässt darauf schließen, dass es sich um einen Vollguß handelt, ein Herstellungsverfahren, das im Mittelalter üblich war. Die sehr lebendige Erscheinung des Putto, die durch die spontane Modellierung in Wachs erreicht wurde, wird dadurch allerdings nicht beeinträchtigt.

Wilhelm von Bode, der als Pionier in der Erforschung der italienischen Klein bronzen angesehen werden kann, hatte den Putto 1902 bei einem Händler in London entdeckt. Wegen der eigentümlichen Oberfläche, die aus Resten einer Vergoldung unter der abgegriffenen schwärzlichen Patina resultiert, hielten die wenigen Liebhaber, die sie damals sahen" (Bode), die Skulptur für eine Bronze aus der Zeit Ludwigs XVI. bzw. des Empire. Auf Anhieb erkannte Bode, dass diese Bronze ursprünglich zu dem Sieneser Taufbrunnenensemble gehörte. Dem guten Verhältnis Bodes nu dem Londoner Kunsthändler ist es zu verdanken, dass Bode diese Trouvaille gegen ein nur geringes Vermittlungshonorar nach Berlin mitnehmen konnte. Er schenkte sie dann dem Berliner Museum. Bode hatte sich besonderes häufig und intensiv mit Donatello beschäftigt, so dass ihm die noch in Italien verbliebenen Gegenstücke des Tamburin-Putto und der Sieneser Taufbrunnen bestens vertraut waren, denn er selbst hatte zu Beginn seiner Tätigkeit an den Berliner Museen für den Aufbau der Gipsabgusssammlung die Abformung des Brunnens in Italien in Auftrag gegeben.

Berlin, Bode-Museum, Basilika
Berlin, Bode-Museum, Basilika

In Vorbereitung: Paris, Musée d’Orsay; Paris, Musée des Arts décoratifs; L'Aquila, Museo Nazionale d'Abruzzo; Ascoli Piceno, Pinacoteca civica

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