Dieser Leuchter wurde für die Totenkapelle St. Michael in Kiedrich gestiftet. Die aus einem Werkstück gearbeitete Doppelmadonna auf der Mondsichel verkörpert das in der Offenbarung des Johannes beschriebene Apokalyptische Weib am Ende der Tage. Sie übernimmt darüber hinaus am Tag des Jüngsten Gerichts die Rolle einer mediatrix, einer Mittlerin und Fürbittenden bei ihrem göttlichen Sohn, der das wahre, das ewige Leben bringt. Dieser Aspekt gewinnt in einer Totenkapelle, in deren Beinhaus die Verstorbenen in der Hoffnung auf ihre Auferstehung ruhen, eine herausragende Bedeutung.
Der Leuchterkranz mit Blättern und lilienartigen Blüten, Zeichen der Jungfräulichkeit Mariens, stellt mit seinen wildbewegten vegetabilen Formen einen letzten Triumph der spätgotischen Kunst dar. Die munteren, fast all'antica gestalteten Putten im Wolkenkranz hingegen bilden eines der frühesten Beispiele der Renaissance am Mittelrhein.