Im Spätsommer 1907 reiste Ernst Barlach zusammen mit seinem Bruder nach Südrussland, bzw. in die heutige Ukraine. Eindrücke dieser Reise, vor allem des einfachen Lebens der Bevölkerung sowie der russischen Volkskunst hielt er in Zeichnungen fest und fand zur „Konkretisierung und Monumentalisierung" seiner Ideen: In der Reduzierung der Gebärden und Gestik der Figuren werden diese auf die Wirkung ihres Ausdrucks konzentriert. Die Russische Bettlerin I" ist also keine rein naturalistische Darstellung einer Bettlerin - als Gewandfigur wird ihr Körper von dem fließenden Stoff bedeckt und wirkt in sich geschlossen. Nicht einmal ihr Gesicht ist zu sehen, lediglich die sich am Boden abstützende rechte Hand sowie die linke, bittend nach oben ge richtete Handfläche bestimmen ihre Gestik. In der Stilisierung der Gebärden, der linear geschwungenen Form der Draperien und der fast blockhaften Wirkung des Körpers schafft Barlach eine seiner Ausdrucksgestalten".