8 Enigma-Variationen

Sehr geehrter Herr Moreno!

Endlich erhalten Sie nun den versprochenen Brief, in dem ich Ihnen meine Gedanken zu den Meßberghof-Figuren mitteile. Wie Sie wissen, habe ich mich mit Freude und Begeisterung an die schöne Aufgabe gemacht, eine Reihe von acht „Kunst-Figuren" zu schaffen, die auf die bedeutende architektonische Situation Bezug nimmt. Ich habe die Herausforderung gerne angenommen und dabei Ihre und Herrn Schwegers Anregungen mit einbezogen.

Durch die strenge Vorgabe, nämlich alle Figuren in ähnlicher Höhe, Breite und Tiefe zu gestalten, kam ich auf das Prinzip der Variation. Ich entwickelte viele Modelle in Ton im Maßstab 1:10, von denen dann acht für den Meßberghof ausgewählt wurden (Tafel 29).

Da ich inhaltlich keine Aussage machen kann, die meiner Meinung nach unnötig ist, und ein Kunstwerk nach meiner Auffassung ambi valent sein soll, ich also in erster Linie formal an die Aufgabe heran gehe, kam mir der bei der Arbeit eingefallene Begriff ENIGMA = Rätsel sehr gelegen.

Ich nenne die Figurenreihe also Enigma-Variationen. Rätsel deshalb, weil ich selbst nicht weiß, was die Figuren darstellen, bedeuten, tun oder in der Hand haben etc..

Der Begriff Enigma gab mir die Freiheit, vor allem Skulpturen zu machen, Formenkombinationen zu erfinden, Figur" immer wieder als neuen Organismus" zu begreifen, ohne sie inhaltlich-literarisch-sinnig aufzuladen...

Mit freundlichen Grüßen Ihr Lothar Fischer

*Gebäude aus den zwanziger Jahren von den Gebrüdern Gerson im Kontorhausviertel von Hamburg