Porträt- und Historienmalerei der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Über Jahrhunderte hinweg waren Porträts überwiegend einem eingeschränkten Personenkreis vorbehalten: dem Adel, dem wohlhabenden Bürgertum und dem hohen Klerus, den Künstlern selbst und allenfalls ihrem direkten Umfeld aus Familie und Freunden. Mit den politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen nach der Französischen Revolution entstand im 19. Jahrhundert ein viel breiterer, von adligen und kirchlichen Auftraggebern unabhängiger Kunstmarkt, für den nun eine Vielzahl an Malern produzierte und zu dem nun auch viel mehr weibliche Künstler wie Julie Mihes Zugang erhielten.
Neben einer möglichst naturgetreuen und psychologisch stimmigen Menschendarstellung, z.B. in Friedrich Wasmanns Gemälde, neigen die Künstler der Biedermeier zeit vor allem in nicht offiziellen Bildnissen zu einer gewissen Romantisierung oder Beschaulichkeit. Augusta von Buttlars Porträtierung ihrer beiden Töchter spiegelt ferner die neue Wertigkeit von Kindheit, Familie und Häuslichkeit wider. Zugleich entstehen nun auch ungewöhnliche, einen Orientalismus transportierende Bildnisse wie Eybls Darstellung eines Orientalen.
Die Historienmalerei gerät um 1800 in eine Krise, da sie als Schauplatz künstlerischer Innovationen zunehmend an Bedeutung verliert. Sie changiert zwischen einem späten, weniger strengen Klassizismus wie bei Giuseppe Craffonara und der neuen romantisch-religiösen Kunstrichtung der Nazarener, die auch von Tiroler Malern wie Anton Psenner oder Karl von Blaas aufgegriffen wird.
Die Nazarener strebten die Erneuerung der Kunst im Geiste des Christentums an, wobei ihnen ähnlich den Präraffaeliten später in England - die alten italienischen und deutschen Meister bzw. das Mittelalter mit klaren und vereinfachten Formen als Vorbilder dienten. In warmem, pastelligen Schmelz werden Figuren und Landschaft mit dem Ziel der Verinnerlichung und Vergeistigung miteinander verbunden. Den Nukleus der Bewegung bildete der 1809 durch Franz Pforr und Friedrich Overbeck in Wien begründete Lukasbund, der sich gegen die Lehrmethoden der Wiener Akademie wandte und dessen Mitglieder größtenteils 1810 nach Rom übersiedelten.
Entdeckung der Heimat und Sehnsucht nach der Fremde: Landschaftsmalerei im 19. Jahrhundert
Mit Beginn des 19. Jahrhunderts richtete sich das Interesse des Publikums verstärkt auf die Landschaftsmalerei. Angeregt durch die Schriften Jean-Jacques Rousseaus, in denen eine neue Sensibilität für die Natur und deren Wirkung auf die seelische Verfasstheit des Menschen propagiert wird, zielen romantische Landschaften wie die von Carl Rottmann oder Thomas Ender auf die Auslösung emotionaler Prozesse, bei denen ein innerer Dialog zwischen dem Betrachter und der Landschaft im Bild eine Überwältigung durch die Naturerfahrung bewirkt.
Zur gleichen Zeit malten Künstler wie Josef Anton Koch oder Martin von Molitor, die einem Neoklassizismus verpflichtet waren, der sich an den Vorbildern Poussin und Claude Lorrain aus dem 17. Jahrhundert orientierte. Es handelt sich um harmonische Kompositionen von Alpen- und Italien-Landschaften, bei denen eine idealisierende und mythisierende Absicht unverkennbar ist. Ziel ist nicht das genaue, topografisch richtige Festhalten der Natur, sondern es wird eine „heroische Landschaft" dargestellt - eine konfliktfreie Welt, die Einheit von Natur und Mensch. Hierbei gerät nun die heimatliche Landschaft immer mehr in den Fokus. Zugleich spiegeln Landschaftsgemälde wie das von Wörndle eine Sehnsucht nach der Fremde, dem Orient, wider, wenn auch verpackt in eine biblische Szene.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verlagert sich das Interesse der Maler jenseits des Motivs hin zu einer neuen, freieren Malweise. Bei Franz Richard Unterberger oder Gabriele Arnhard-Deininger - die erste Frau, der im Ferdinandeum eine Einzelausstellung gewidmet wurde - werden Tendenzen einer subjektiven und stimmungshaften Interpretation der Welt und der Wille zu einer persönlichen Handschrift sichtbar, die Kennzeichen einer Malerei der Moderne sind. Oszillierend zwischen symbolistischen Tendenzen und pathosgeladener Fin de Siecle-Malerei, treten bei August Pezzey schließlich Merkmale der Malerei um 1900 hervor: Fantasiereichtum und wahre Farbsymphonien.