Das Kirchenjahr besteht aus einer Abfolge von Zeiten und Festen wie Advent, Weihnachten, Ostern und Pfingsten. Ihnen sind seit Papst Innozenz III. um 1200 bestimmte liturgische Farben zugeordnet, die sich in den Gewändern der Priester spiegeln. So stehen Weiß und Gold für die großen Christ- und Marienfeste, Rot für Pfingsten, die Passion und Märtyrerfeste, Schwarz für Buß- und Fastenzeiten sowie für Trauerfeiern, Violett für den Advent und die Passion, schließlich Grün für festlose Tage.
Von den liturgischen Gewändern der Marienkirche haben sich nur wenige Reste aus vorreformatorischer Zeit erhalten. Auch diese Kasel kam erst 1691 als Stiftung des Lübecker Unternehmers Thomas Fredenhagen in die Kirche. 1760 wurde sie umgeschneidert und mit neuen Verzierungen versehen. Sie wurde in dieser Form vermutlich bis 1791 bei hohen Festtagen getragen, denn erst 1791 wurde der Gebrauch von Messgewändern in Lübeck abgeschafft. Die Verzierungen, die 1893 im Museumsinventar beschrieben sind, wurden wohl bei Restaurierungsarbeiten abgenommen.
Das Muster in Rot auf dem aus Goldmetallfäden gewebten Grund zeigt Blüten und drei Ringe mit spitz zulaufenden Edelsteinen. Da Cosimo de Medici diese heute sogenannten Borromäischen Ringe angelehnt an das Familienwappen der Medici als sein Emblem führte und die Seide aus Norditalien stammt, wurde diese Kasel lange Zeit Medici-Kasel" genannt. Die drei Ringe, die unlösbar miteinander verbunden sind, können als Symbol der Einigkeit, im christlichen Kontext als Zeichen der Trinität gelesen werden.